Modernes Staatsangehörigkeitsrecht für eine moderne Gesellschaft
Wir reformieren das Staatsangehörigkeitsrecht
Unser Ziel: Integration leben
Wie ist die Ausgangslage?
Mehr als zwölf Millionen Menschen in Deutschland, rund 14 Prozent der Bevölkerung, haben keinen deutschen Pass. Davon leben ca. 5,3 Millionen seit mindestens zehn Jahren in Deutschland. Obwohl ihr Lebensmittelpunkt schon lange in Deutschland ist, können sie nicht an politischen Entscheidungs-prozessen, wie zum Beispiel Bundestagswahlen, teilhaben und mitwirken. Wenn aber ein Teil der Be-völkerung, der hier zu Hause ist, davon ausgeschlossen ist, schadet dies der Demokratie. Denn unsere Demokratie lebt davon, dass alle mitmachen können und Menschen sich für sie einsetzen. Übrigens: in der Bundesrepublik haben 23,5 Millionen Menschen Migrationshintergrund.
Wir haben in Deutschland eine sehr geringe Einbürgerungsrate, sie liegt bei 1,1 Prozent. Zum Vergleich: In der EU liegt die Einbürgerungsrate bei 2 Prozent. Im Gegensatz zu vielen anderen Staaten verlangte Deutschland bisher grundsätzlich, die alte Staatsangehörigkeit aufzugeben, was sicher ein Grund für die geringe Rate sein kann.
Was wollen wir?
Die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts ist ein wichtiges Fortschrittsthema der Ampel-Ko-alition. Für uns ist die Reform ein zentrales Mittel, Integration zu leben und zu fördern. Dabei bleibt es auch nach dieser Reform bei den entscheidenden Anforderungen und Standards für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Dies gilt für das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grund-ordnung, die eigenständige wirtschaftliche Sicherung des Lebensunterhalts und auch für sicherheits-relevante Erfordernisse.
Auch für internationale Fachkräfte wird Deutschland durch diese Reform als Arbeits- und Lebensmit-telpunkt attraktiver.
Einbürgerung wird schneller und einfacher
- Statt nach acht Jahren können Menschen bereits nach fünf Jahren die deutsche Staatsan-gehörigkeit erhalten.
- Besondere Leistung wird belohnt: Bei „besonderen Integrationsleistungen" ist eine Einbür-gerung bereits nach drei Jahren möglich. Dazu gehören herausragende Leistungen am Ar-beitsplatz, beim Spracherwerb (Deutschkenntnisse auf C1 Niveau des Gemeinsamen Euro-päischen Referenzrahmens für Sprachen) oder durch ehrenamtliches Engagement.
- Die Lebensleistung der Gastarbeiter:innengeneration und der Vertragsarbeiter:innen wird anerkannt. Sie brauchen keinen Einbürgerungstest mehr, müssen ihre Deutschkenntnisse nur mündlich nachweisen und bei der Lebensunterhaltssicherung gelten Erleichterungen. Im parlamentarischen Verfahren haben wir erreicht, dass diese Ausnahmen auch für die im zeitlichen Zusammenhang nachgezogenen Ehegatten gelten.
- In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erhalten künftig automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit fünf Jahren (bisher acht) hier lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht hat.
Mehrstaatigkeit ermöglichen
Wir lassen Mehrstaatigkeit in Deutschland künftig generell zu. Denn der bisher im Gesetz noch geltende Grundsatz der Vermei-dung der Mehrstaatigkeit entspricht schon seit langem nicht mehr der tatsächlichen Einbürgerungspraxis. Bereits seit über 15 Jahren werden auch aufgrund der bestehenden Ausnah-meregelungen fast durchgängig mehr als die Hälfte aller Einbür-gerungen unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit vollzogen – mit steigender Tendenz. Der Grundsatz der Vermeidung der Mehr-staatigkeit ist daher schon lange nicht mehr die Regel, sondern lediglich die Ausnahme. Künftig gilt für alle Zugewanderten, dass sie ihre bisherige Staatsangehörigkeit bei der Einbürgerung nicht mehr aufgeben müssen. Sie und auch hier Geborene wer-den künftig nicht mehr gezwungen sein, einen Teil ihrer Identi-tät aufzugeben. Auch die Optionsregel entfällt mit der Neurege-lung nun komplett. Damit erkennen wir Lebensrealitäten an – erkennen an, dass Menschen mit Mig-rationsgeschichte Teil unserer Geschichte und Gesellschaft sind. Wir verstehen dies als Bereicherung, nicht als Hindernis. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist ein starkes Bekenntnis zu Deutschland.
Das gilt natürlich auch umgekehrt: Deutsche Staatsbürger:innen, die eine andere Staatsangehörigkeit annehmen wollen, können ihre deutsche behalten – ohne aufwändiges Verfahren der Beibehaltungs-genehmigung. Das bedeutet eine erhebliche Erleichterung für Deutsche, die im Ausland leben und arbeiten.
Die generelle Hinnahme von Mehrstaatigkeit entlastet zudem auch die Einbürgerungsbehörden. Sie müssen nicht mehr umständlich das Vorliegen von Gründen für Härtefälle oder Beibehaltungsgeneh-migungen prüfen.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Zu den Voraussetzungen gehört u. a., dass eine gelungene Integration, gute Deutschkenntnisse und die eigenständige Sicherung des Lebensunterhaltes nachgewiesen werden müssen. Konkret gehören dazu:
- ein unbefristetes oder auf Dauer angelegtes Aufenthaltsrecht,
- die Klärung von Identität und Staatsangehörigkeit,
- das klare Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung,
- ein bestandener Einbürgerungstest,
- mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse (Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen),
- die grundsätzliche Straffreiheit
- und dass der eigene Lebensunterhalt und der für unterhaltsberechtigte Familienangehö-rige bestritten wird und keine Sozialleistungen nach SGB II oder XII in Anspruch genommen werden.
Es gibt allerdings Ausnahmen für bestimmte Personengruppen, wenn die Sicherung des Lebensunterhalts nicht geleistet werden kann. Diese werden im Gesetz nunmehr explizit benannt:
- für die Gastarbeiter:innen und Vertragsarbeitnehmer:innen sowie ihre Ehegatten, wenn sie die Inanspruchnahme von Sozialleistungen nicht zu vertreten haben,
- für in Vollzeit Erwerbstätige, die dies innerhalb der letzten 24 Monate mindestens 20 Monate waren
- und für Ausländer:innen, die als Ehegatte oder eingetragene:r Lebenspartner:in einer in Vollzeit erwerbstätigen Person mit dieser und einem minderjährigen Kind in familiärer Gemeinschaft leben.
Künftig soll für Personen die Härtefallregelung in § 8 Absatz 2 StaG zum Tragen kommen, wenn sie alles objektiv Mögliche und subjektiv Zumutbare unternommen haben, um den Lebensunterhalt dauerhaft zu sichern. Denn diese Personen würde es unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Umstände erheblich stärker als andere treffen, wenn die Einbürgerung versagt wird. Dazu gehören
- Rentenbezieher:innen,
- Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung,
- pflegende Angehörige,
- Alleinerziehende, die wegen Kinderbetreuung nicht oder nur in Teilzeit erwerbstätig sein können,
- Schüler:innen, Auszubildende oder Studierende.
Was sind Ausschlussgründe?
- Rassismus, Antisemitismus oder jede andere Form von Menschenfeindlichkeit stehen einer Einbürgerung entgegen – da gibt es keinerlei Toleranz. Deshalb ist ein eindeutiges Bekenntnis zu den Werten einer freiheitlichen Gesellschaft Voraussetzung für die Einbürgerung.
- Im parlamentarischen Verfahren haben wir dies um das explizite Bekenntnis zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihren Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens sowie zum friedlichen Zusam-menleben der Völker und dem Verbot der Führung eines Angriffskrieges ergänzt. Damit setzen wir ein klares Signal.
- Wer Werte wie die Würde und Gleichheit aller Menschen und die Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht teilt oder ihnen gar zuwiderhandelt, darf nicht deutsche:r Staatsangehö-rige:r werden. Ausgeschlossen ist eine Einbürgerung so auch im Falle einer Mehrehe.
- Wer wegen antisemitischer, rassistischer oder sonstiger menschenverachtender Straftaten verurteilt wurde, kann die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erlangen. Das Gesetz ist heute bereits eindeutig – und das bleibt auch so.
- Wir haben im Gesetzentwurf klargestellt, dass auch Handlungen unterhalb der Strafbarkeits-schwelle eine Einbürgerung ausschließen können.
- Das Verfahren der Sicherheitsabfrage wird digitalisiert und beschleunigt. Zugleich wird die Liste der abzufragenden Behörden um die Sicherheitsbehörden erweitert, die auch in den Be-teiligungsverfahren nach Aufenthalts- und Vertriebenenrecht eingebunden sind.
- Wurden bei der Einbürgerung unvollständige oder falsche Angaben gemacht, kann die Einbür-gerung bereits heute zehn Jahre lang rückwirkend zurückgenommen werden. Das kann zum Beispiel bei einem falschen Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung der Fall sein oder wenn antisemitische Betätigung oder Straftaten im Ausland bekannt werden, bei Bedrohung oder Bestechung.
Wann tritt die Reform in Kraft?
Im Bundestag wurde der Gesetzentwurf am 19. Januar 2024 abschließend beraten und beschlossen. Im Bundesrat steht er voraussichtlich am 2. Februar 2024 auf der Tagesordnung. In Kraft treten kann die Reform drei Monate nachdem sie im Bundesgesetzblatt verkündet wurde, voraussichtlich im Mai 2024.